Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV)

Ein neues Versorgungskonzept

Die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung, kurz ASV, ist eine neue Versorgungsform für Menschen, die an komplexen, schwer therapierbaren oder seltenen Krankheiten leiden. Wie der neue Versorgungsbereich funktioniert, regelt die ASV-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA). In den Anlagen werden die allgemeinen Regeln für jede ASV-Indikation konkretisiert.

Bislang konnte es oft eine große Herausforderung darstellen, einen qualifizierten Arzt in Wohnortnähe zu finden - gerade in ländlichen Regionen mit nur wenigen spezialisierten niedergelassenen Fachärzten. Krankenhäuser hatten jedoch oft keine Erlaubnis, ambulante Leistungen, das heißt Leistungen ohne Krankenhausaufenthalt für gesetzlich Versicherte zu erbringen.

Das soll sich durch die Einführung der ASV ändern. So sollen sowohl hochspezialisierte Fachärzte als auch Krankenhäuser Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen, seltene Erkrankungen und Erkrankungen und Erkrankungszustände mit geringen Fallzahlen behandeln sowie hochspezialisierte Leistungen anbieten dürfen. Gesetzliche Grundlage der ASV ist der Paragraf 116b SGB V, den die Bundesregierung mit dem 2012 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstrukturgesetz neu gefasst hat.

Die Behandlung erfolgt durch interdisziplinäre Ärzteteams in Praxen und Kliniken. Erstmals übernehmen Vertrags- und Krankenhausärzte gemeinsam die ambulante Versorgung schwerkranker Patienten. Das interdisziplinäre Team besteht aus einer Teamleitung, dem Kernteam und weiteren Fachärzten. Die Teamleitung hat die Aufgabe, die spezialfachärztliche Versorgung der Patienten fachlich und organisatorisch zu koordinieren. Die Mitglieder des Kernteams müssen die Leistungen zu festgelegten Zeiten, mindestens an einem Tag in der Woche, erbringen. Sie dürfen nicht weiter als 30 Minuten vom Ort der Teamleitung entfernt sein. Bei Bedarf können weitere Fachärzte und Psychotherapeuten hinzugezogen werden, um die Patienten so individuell wir möglich zu versorgen.

In den Richtlinien der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV-RL) ist weiterhin geregelt, welche Anforderungen ein Team personell, sächlich und organisatorisch erfüllen muss. Beispielsweise ist von den teilnehmenden Kliniken eine Intensivstation und ein Notfalllabor vorzuhalten.

Für Patientinnen und Patienten ist die Teilnahme an der ASV freiwillig, sie brauchen dazu lediglich eine Überweisung von ihrem behandelnden Arzt.

Gesetzliche Grundlagen

Die ASV umfasst die Diagnostik und Behandlung komplexer, schwer therapierbarer Erkrankungen, die je nach Krankheit eine spezielle Qualifikation, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und besondere Ausstattungen erfordern. (Paragraf 116b Abs. 1 Satz 1 SGB V)

Laut Satz 2 gehören hierzu insbesondere folgende Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen, seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit entsprechend geringen Fallzahlen sowie hochspezialisierte Leistungen, soweit sie vom Gemeinsamen Bundesauschuss konkretisiert wurden:

1. Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen wie

  1. onkologische Erkrankungen,
  2. rheumatologische Erkrankungen,
  3. HIV/AIDS,
  4. Herzinsuffizienz (NYHA Stadium 3 - 4),
  5. Multipler Sklerose,
  6. zerebrale Anfallsleiden (Epilepsie),
  7. komplexe Erkrankungen im Rahmen der pädiatrischen Kardiologie,
  8. Folgeschäden bei Frühgeborenen oder
  9. Querschnittslähmung bei Komplikationen, die eine interdisziplinäre Versorgung erforderlich machen;

bei Erkrankungen nach den Buchstaben c bis i umfasst die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nur schwere Verlaufsformen der jeweiligen Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen;

2. seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit entsprechend geringen Fallzahlen wie

  1. Tuberkulose,
  2. Mukoviszidose,
  3. Hämophilie,
  4. Fehlbildungen, angeborene Skelettsystemfehlbildungen und neuromuskuläre Erkrankungen,
  5. schwerwiegende immunologische Erkrankungen,
  6. biliäre Zirrhose,
  7. primär sklerosierende Cholangitis,
  8. Morbus Wilson,
  9. Transsexualismus,
  10. Versorgung von Kindern mit angeborenen Stoffwechselstörungen,
  11. Marfan-Syndrom,
  12. pulmonale Hypertonie,
  13. Kurzdarmsyndrom oder
  14. Versorgung von Patienten vor oder nach Organtransplantation und von lebenden Spendern sowie

3. hochspezialisierte Leistungen wie

  1. CT/MRT-gestützte interventionelle schmerztherapeutische Leistungen oder
  2. Brachytherapie.

Richtlinie Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung

Mit der ASV hat der Gesetzgeber eine Bresche in die Sektorengrenze zwischen ambulant und stationär geschlagen. In der ASV arbeiten niedergelassene Ärzte und ihre Klinikkollegen bei der Behandlung von Patienten strukturiert zusammen. Die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in der Richtlinie Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV-RL) geschaffen.

Die Richtlinie legt unter anderem fest, welche Leistungserbringer an der ASV teilnehmen dürfen und welche personellen Anforderungen hierbei gelten, insbesondere bei der Zusammensetzung der obligatorischen interdisziplinären Teams. So werden niedergelassene Spezialisten Leistungskooperationen sowohl untereinander als auch mit Kliniken schließen müssen, um das geforderte interdisziplinäre Team bilden zu können.

Zudem hat der GBA die sächlichen und organisatorischen Voraussetzungen definiert, die Ärzte und Kliniken erfüllen müssen, um die ASV-Leistungen erbringen zu können. Beispielsweise müssen die teilnehmenden Kliniken über eine Intensivstation und ein Notfalllabor verfügen. Die Richtlinie regelt außerdem die Überweisung von Patienten in die ASV und beschreibt den Behandlungsumfang sowie die Anforderungen an die Qualitätssicherung.

Zur Richtlinie ambulante spezialfachärztliche Versorgung § 116b SGB V - ASV-RL